Prudentiales Wissen |
Sammlungen von prudentialem Wissen›Prudential‹ ist hergeleitet von lat. prudentia und meint (im Ggs. zu andern Wörtern aus dem Sinnbezirk des Verstandes wie astutia, sapientia, Adj. versutus, callidus): den praktischen Verstand, Lebensklugheit betreffend. Solche Wissenselemente sollen eine Hilfe sein beim verantwortbaren Handeln (im Gegensatz zu zweckrationalem Tun/Bewirken). Inhaltsübersicht >>> Enzyklopädismus in der sog. Renaissance >>> Toposlehre – Praxis des Exzerpierens >>> Funktionen der Sammlungen – ›Ideologie‹ >>> Literarische Formen >>> Systematisieren und Findetechniken >>> Reflexe der Verwendung >>> Liste von solchen Sammlungen >>> Niedergang der Collectaneen >>> Forschungsliteratur
|
||
Eine besodere Form des Enzyklopädismus in der sog. RenaissanceZu Beginn des 16. Jh. wurden Enzyklopädien angefertigt, die auf Kommentaren zur bzw. Exzerpten aus der antiken Literatur beruhten. Die Autoren haben in den antiken Texten eine ganze neue Welt entdeckt, die frei war von der dogmatischen Strenge und dem anthropologischen Pessimismus des Spätmittlalters; und diese Einsichten wollten sie bewahren und verbreiten. Ferner wollten sie ein reines, klassisches Latein wiederherstellen (puritas). Bewegt waren sie auch vom didaktisch-aufklärerischen Impetus, dem Citoyen den Anschluss an die gebildete Welt zu verschaffen. Sammlungen dieser Art sind:
Was man hier nicht findet, steht auf der die Liste enzyklopädischer Werke > http://www.enzyklopaedie.ch/liste/frame.htm Verwandt damit und kaum auseinanderzuhalten ist die Buntschriftstellerei (in neuem Fenster) |
||
Basis ist die ToposlehreEine (oder sogar: die) Leitdisziplin des 16./17. Jhs. ist die Rhetorik. Wer überzeugend reden will, muss einen großen Vorrat an Wörtern (''copia verborum'') und Argumenten haben. – Ein Argument ist eine vernünftige Überlegung, mit der etwas Angezweifeltes durch etwas Unzweifelhaftes in seiner Gewissheit bestärkt wird (Quintilian inst. or. V,x,11). – In der Verfertigungsphase der ''inventio'' stellt sich die Frage: Woher kennt man geeignete Wendungen bzw. Gedanken? Sie stehen in einem Speicher gesellschaftlichen Wissens, weswegen sie eben auch als unzweifelhaft gelten. Solche Speicher, eben Sammlungen prudentialen Wissens, liegen entweder bereits vor, memoriert oder in Buchform, oder der Redner / Briefescheiber / Prediger hat sich ein Commonplace-Book aus Lesefrüchten zusammengestellt. Das Wort ''topos / locus'' hat seinen Ursprung in der Vorstellung, dass die Argumente gleichsam an bestimmten Örtern verborgen sind und dort aufgefunden werden müssen. CICERO, topica II, 7–8: ''Wie das Auffinden von Dingen, die im verborgenen liegen, dann leicht ist, wenn die Stelle (locus) gezeigt und bezeichnet ist, so müssen wir, wenn wir ein Argument aufspüren (pervestigare) wollen, erst einmal die Stellen (loci) kennen ... aus denen man die Argumente hervorholt.'' Cicero, de oratore II,xxx,162: ''sedis et quasi domicilia omnium argumentorum''; II,xxx,174: Schatzgräber-Metapher. Der Begriff loci / topoi wird von hier aus weiter aufgefächert und kann auch bedeuten: Finde-Strategien bei der Materialsuche – Kategorien für die Ordnung einer Sammlung bzw. Disposition eines Texts – hermeneutische Basis (Melanchthons »Loci«) – habitualisierte Metaphern / gängige Motive / Beschreibungsinventare / idées fixes (so E. R. Curtius, Europäische Lit. und lat. MA, Bern 1948) Literaturhinweise *Theodor Viehweg, Topik und Jurisprudenz, München: Beck 1954. *Edgar Mertner, Topos und Commonplace [1956], in: Peter Jehn (Hg.), Toposforschung, (Respublica Literaria 10), Frankfurt/M.: Athenäum 1972, S. 20–68. *Joachim Dyck, Die Rolle der Topik in der literarischen Theorie und Praxis des 17. Jhs. in Deutschland, in: Peter Jehn (Hg.), Toposforschung, (Respublica Literaria 10), Frankfurt/M.: Athenäum 1972, S. 121–149. *Wolfgang Brückner, Loci communes als Denkform, in: W. Brückner (Hg.), Volkserzählung und Reformation, Ein Handbuch zur Tradierung und Funktion von Erzählstoffen und Erzählliteratur im Protestantismus, Berlin: E.Schmidt 1974, S. 53–63. *Peter von Moos, Geschichte als Topik. Das rhetorische Exemplum von der Antike zur Neuzeit und die historiae im »Policraticus« Johanns von Salisbury, (ORDO. Studien zur Literatur und Gesellschaft des Mittelalters und der frühen Neuzeit 2), Hildesheim: Olms 1988. *Heike Mayer, Lichtenbergs Rhetorik. Beitrag zu einer Geschichte rhetorischer Kollektaneen im 18. Jahrhundert, München 1999 (Diss. Tübingen). Die Praxis des Exzerpierens Nun kann man bei der Verfertigung eines Plädoyers / eines Briefs / einer Lobrede / einer Predigt nicht die Klassiker nochmals durchlesen – abgesehen davon, dass die (in einer Bibliothek des 16. Jhs.) gar nicht so leicht erreichbar sind. Man muss rechtzeitig entweder während des Studiums einen eigenen Vorrat an guten Textstellen angelegt haben oder dann in einer bestehende Sammlung nachschlagen. Um einen Vorrat an Synonymen, Redewendungen und Sentenzen zu äufnen, empfahl Erasmus in der »Ratio« dem Theologiestudenten, alles, was er lese, gleichsam in Nestern (''velut in nidulos'') zu sammeln. Angeregt worden ist Erasmus womöglich durch eine Stelle bei Quintilian, Inst. or. X,i,5, wo es heisst, der Redner müsse sich feste Rücklagen und Stützen beschaffen, derer er sich bei Bedarf bedienen kann; und diese bestehen aus Sachkenntnissen und Worten: ''Eae constant copia rerum ac verborum.'' Des Erasmus Schrift »De duplici copia rerum ac verborum« (Paris: Badius 1512) führt die Methode vor.
Francis Bacon beschreibt in »De dignitate et augmentis scientiarum« (1623, 5. Buch, 3. Kapitel) die Funktionsweise der Topik knapp und genau. Es gehe darum, aus der Menge des Wissens (''ex massa scientiae''), die gesammelt und im Bewusstsein gespeichert ist, das gewandt herbeizuschaffen (''dextre depromere''), was für die betreffende Sache oder Fragestellung einschlägig ist. Dabei handle es sich nicht um eine Erfindung im engeren Sinne, sondern um ein eine Erinnerung (''reductio in memoriam''), und das Ziel sei sei ''promptitudo'' und ''expeditus usus'' (d.h. das Wissen soll gleich zu Gebote stehen, durch keine Schwierigkeiten aufgehalten, gleich zur Hand sein; deshalb spricht er von ''promptuarium''). Im Hintergrund steht ein Bildungsideal, bei dem die Rekombination des Be- und Anerkannten einen hohen Wert hat und die schöpferische Phantasie noch nicht bekannt ist. Vor der Geniezeit, in der dann das Innovative höhergeschätzt wurde als das Traditionelle, war es nicht ehrenrührig, sich aus einem riesigen Bild-Inventar von bestehenden Stoffen und Motiven / vorfabrizierten Gedanken / bereits geprägten Metaphern, Gleichnissen / Klischees usw. zu bedienen. Sie stehen den Autoren – ähnlich wie die Wörter und grammatischen Muster einer Sprache – zur Verfügung, bilden quasi eine Erweiterung der ›langue‹ im rhetorisch-poetischen Bereich. Die zeitgenössischen Literaturtheoretiker formulieren die Lizenz zur Übernahme gelegentlich explizit. Nicolaus CAUSSINUS (De eloquentia 1657) bringt es so auf den Punkt: ''nutrix inventionis eruditio est'' (etwa: Die Bildung [d.h. eben die Kenntnis der Tradition] nährt uns beim Finden des Stoffes.). Georg Philipp HARSDÖRFFER (1607–1658) schreibt: ''Der jüngeren große Kertze ist von der älteren kleinen Lampen angezündet worden/ und leuchtet viel heller als jene.'' Man war auch stolz, wie viele Autoren man exzerpiert hatte, und nannte diese gerne, vgl. das Titelblatt der Erstausgabe von Caelius Rhodiginius (Basel 1517): und das Register der ausgeschriebenen Autoren bei Tomaso Garzoni, Piazza universale (italien. Original 1585; deutsche Übersetzung 1619; eine von 10 Seiten!) Natürlich wurden bei den Sammlungen prudentialen Wissens nicht nur die heidnisch-antiken Autoren ausgezettelt, sondern auch die Bibel und die Kirchenväter. Man muss sich gelegentlich die Ausmaße dieser Sammlungen klarmachen. Der Artikel MORS bei Beyerlinck (Band 5, fol. 615–749) umfasst 135 zweispaltig bedruckte Folioseiten. Das erfordert wiederum eine Organisation des einzelnen Artikels, der oft ein eigenes Inhaltsverzeichnis und Zwischentitel bekommt. Es galt aber den Zeitgenossen als schülerhaft, die Älteren einfach zu imitieren. Die rhetorische/ästhetische Leistung bestand darin, das geeignete Element aus dem Repertoire zu suchen und es witzig zu variieren und zu placieren. Dazu kommt die einfallsreiche Kombinatorik von Elementen.
Die Autoren haben ihre Texte unter Beizug von solchen Thesauri verfertigt – umgekehrt können wir als Interpreten die Kenntnis von Thesauri und überhaupt der Tradition als Heuristik verwenden. Wir fragen: Welches Bild / welche Form / welches Muster hat NN gewählt, um seinen Gedanken auszudrücken? Wie hat er das Potential genutzt, transformiert, modifiziert? ••• > Beispiele für Exzerpier-Lehren
|
||
Funktionen dieser Sammlungen• Lektüre zur privaten Erbauung Lektüre-Ersatz (à la ›best bits from Cicero‹) • in der römischen Rechtssprechung: Exempla als Beweismittel im Prozess (mos majorum); vgl. Valerius Maximus • im genus deliberativum: Mittel, um Argumente, prägnante Formulierungen, Zitate von Autoritäten zu finden • in der Predigt als Zusatzstoff gegen den Predigtschlaf, Osterlachen, vgl. Elfriede Moser-Rath, Predigtmärlein der Barockzeit: Exempel, Sage, Schwank u. Fabel in geistl. Quellen d. oberdt. Raumes, Berlin: de Gruyter, 1964 (Fabula: Suppl.-Serie. Reihe A; Bd. 5) • Material für Ausschmückung (Ornatus) bei Briefen, für rhetorischen Schmuck in Gebrauchsprosa im Schulunterricht • Material für Übersetzungsübungen und für Chrien (dabei Indoktrination mit der in den Texten enthaltenen Lehre) • speziell bei den Humanisten: Weisheit der Alten – gutes Latein – Kompendien der Altertumswissenschaften – bei Erasmus auch Auslöser von oft satirischen Essays. • ....
›Ideologie‹Man könnte die Sammlungen oder auch nur einzelne Einträge auf die Begründung der vermittelten prudentia / Moral hin untersuchen. • utilitaristische - pragmatische Begründung • psychologische Begründung: zorn irret dicke den muot. • naturgesetzliche Begründung: die Bienen haben auch Staaten; • Traditionalismus, Ethik des mos majorum: das haben wir immer so gemacht; • Ethik des Adels: noblesse oblige; so etwas tut man nicht bei uns; • das Gewissen als Instanz (humanistische Begründungen); • eine Autorität als Instanz; theologische Abstützung (auf einen Text in der Hl. Schrift); • ..... |
||
Literarische FormenDie Sammlungen beruhen i.d.R. auf ent-kontextualisierten kompilierten Exzerpten, bei denen es auf den Wortlaut ankommt und gerne der Verfasser (die Autorität) angegeben wird. (Zur Exzerpiertechnik) Die einzelnen Textelemente in den Sammlungen gehören verschiedenen literarischen Gattungen an:
Die Abgrenzung ist selbstverständlich schwierig. Mittels der Technik der Allegoresekann jedes Ding / jede Person / jedes Geschehen moralisch ausgelegt werden, und so kommt die ganze Welt (d.h. die Enzyklopädien, die die ganze Welt allegorisch auslegen) in den Blick. Es kann eine ganze Kaskade von Auslegungsoperationen nötig sein, um vom Text in der Sammlung zu einer konkreten Handlung oder Situationseinschätzung zu kommen. Einige Sammlungen haben haben hinsichtlich der literarischen Gestalt Präferenzen, z.B. bringen sie nur Exempla oder nur Sentenzen oder nur Apophthegamata. Für die Emblematik wäre zu verweisen auf Filippo Picinelli, »Mundus Symbolicus«, Köln 1687. Andere enthalten aber auch ein breites Spektrum von literar. Formen. Man kann sich deshalb nicht auf einen bestimmten Typ beschränken. Einige Sammler haben ein Bewusstsein dafür, welche literarischen Formen sie feilbieten, und ordnen die Artikel sogar demgemäß, zum Beispiel Josephus Lange in seinem »Florlegium Magnum«, Straßburg MDCXLV. Literaturhinweis: Hans-Robert Jauss, “Die kleinen Gattungen des Exemplarischen als literar. Kommunikationssystem”, in: ders., Alterität und Modernität der mittelalterlichen Literatur, München 1977. Büchertitel und Devisen Cornucopia ≈ Füllhorn Floriegium ≈ Blütenlese Gazophylacium ≈ Schatzkammer Promptuarium ≈ Vorratskammer Thesaurus ≈ Schatz (Schatzhaus) Aurifodina ≈ Goldgrube Motto auf Heideggers Titelblatt: In eodem prato bos herbam quærit, canis leporem, ciconia lacertam (›Auf derselben Wiese sucht das Vieh Gras, der Hund den Hasen, der Storch eine Eidechse‹ (aus Seneca, Ep. 108,29) |
||
Systematisieren und Findetechniken; OrdnungenDer Lesemodus dieser Bücher ist das Konsultieren (obwohl aufgrund von handschriftlichen Randnotizen auch Ganzschriftlektüre bezeugt ist). Aber nur schon ein einzelner Gelehrter verlor gerne die Übersicht über das Ausgeschreibene; erst recht musste die Masse an Materialen für andere/spätere Nutzer irgendwie erschlossen werden. Allmählich wurden (systematische / alphabetische) Register beigegeben. Es gibt keinen ›ordo naturalis‹ wie (vermeintlich) bei den Dingen der Natur; das Alphabet taugt auch nicht gerade besonders gut. Es gibt auch kein allgemeinverbildiches tradiertes System der übergeordneten Gesichtspunkte (loci in diesem Sinne, engl. headings); jeder Sammler bastelt sein eigenes ›System‹. Gelegentlich helfen überkommene Muster wie z.B. die 7 Todsünden bzw. Tugenden u.ä.
Es gibt hin und wieder Ansätze, die bloße Akkumulation zu überwinden. Petrarca kleidet seine Sammlungen oberflächlich in Dialoge. Sebastian Brant (dessen »Narrenschiff« man auch in diese Reihe stellen könnte) bündelt Exempla und Dicta unter dem Gesichtspunkt einzelner Torheiten. Die Finde-Schwierigkeiten haben Auswirkungen auf das Layout dieser Bücher: Aufbau des Buches, Zwischentitel, Auszeichnung des Lemmas, Register. Oft enthalten die Bücher mehrere Register: Elenchus sive syllabus rerum dignarum cura. – Index vocum et rerum singularum cognitu necessariarum.
|
||
Reflexe der VerwendungEs ist schwer ausfindig zu machen, wie diese Sammlungen verwendet wurden, in literar. Werke eingingen. Denn ein Autor, der etwas auf sich hält, etwa ein Prediger, wird sich gerne mit Original-Zitaten z.B. antiker Autoren schmücken (die ja von den Sammlern voller Stolz angegeben werden) und dabei camouflieren, dass er diese aus einem Florileg bezogen hat. Ein kriminologischer Glücksfall wäre es, wenn man ein entstelltes Zitat fände, das so nur in einer Sammlung, aber nicht im Ursprungstext steht. – Gelegentlich findet man ›Nester‹ von Zitaten, die tel quel aus einer Sammlung entspringen.
|
||
Niedergang der CollectaneenEnde 17.Jh. / erstes Viertel 18. Jh. verschwindet diese literarische Gattung recht schnell. Der letzte Druck der »Polyanthea« erfolgt 1681; der letzte von Beyerlincks »Theatrum« 1707. 1687 beginnt die Querelle zwischen Antiqui und Moderni; beide Parteien mögen entkontextualisierte Klassikerzitate aus verschiedenen Gründen nicht. 1687 hält Christian Thomasius die erste Vorlesung auf deutsch; Signal eines Durchbruchs des Vernakulären; die geistige Vorherrschaft beruht nicht mehr so stark auf Lateinkenntnissen. Es gibt weitere Gründe: ein neues Stil-Ideal der Einfachheit; die Forderung, selbst zu denken, statt sich auf Autoritäten zu stützen (vgl. den Genialitäts-Kult im ›Sturm und Drang‹); Leitdisziplin ist immer weniger die Rhetorik; u.a.m. – Also auch hier: Aussterben der The-Sauri durch Umweltveränderung. |
||
Liste einiger wichtiger solcher SammlungenIn chronologischer Abfolge (wobei das erste Erscheinen oder die erste [bibliographisch eruierbare] Auflage als Stichdatum dient), nur gedruckte und möglichst online erreichbare Werke. Es sind auch antike und mittelalterliche Werke aufgenommen, die im 16. Jh. wahrgenommen wurden. Es geht zunächst einmal darum, die Mächtigkeit dieser Tradition abzuschätzen, die ja im Kanon der Hochschulgermanistik kaum je vorkommt. Das Material wird in einem ständigen Copy & paste-Prozess über Jahrhunderte tradiert, dabei meistens augmentiert, auch umgeformt und angepasst. So geschieht es, dass vorchristliche und antike Sammlungen (z.B. Valerius Maximus) ebenso präsent sind wie mittelalterliche (z.B. Freidank) oder solche aus der Renaissnce (Petrarca). Zu beachten ist, dass es bereits in Antike und Mittelalter Florilegien gab, und ferner das Fortleben bis weit ins 17.Jh. hinein. Achtung: Die zitierte URL der Digitalisate ist oft nicht mehr aktiv, weil ja auch Bibliotheken der Innovatitis perpetua acuta unterworfen sind... Digitalisate findet man bequem mit > https://eromm.org oder https:/viaf.org (einige Wörter des Autors bzw. Titels oder Erscheinungsjahr präzis eingeben!)
Proverbia Salomonis Textkonglomerat, entstanden zwischen 700 und 500 vor Chr.
Valerius Maximus Valerius Maximus (Zeit des Kaisers Tiberius, welcher gest. 37 u.Z.) Factorum et dictorum memorabilium libri IX.
Disticha catonis Eine spätantike, im 3. oder 4. Jahrhundert u.Z. entstandene Sentenzensammlung eines anonymen Verfassers, die Regeln für die private Lebensführung vermittelt.
Stobaios Ioannes Stobaios (5. Jh. u.Z., schreibt griechisch) 1543 von Conrad Gesner erstmals ins Lateinische übersetzt:
Petrus Alfonsi Petrus Alfonsi; Konvertit, 1104 getauft. »Disciplina clericalis« um 1115 verfasst. Exempla, Sentenzen in assoziativer Reihung.
Moralium dogma philosophorum Guilelmus de Conchis [1080–1154; zugeschrieben]
Freidank Um 1230/1240; vgl. Verfasserlexikon 2. Aufl. Band 2, Sp. 897–903.
Gesta Romanorum Um 1300 zusammengestellt; älteste bekannte Hs. 1342; buntes Durcheinander von narrativen Gattungen; die Geschichten enthalten fast durchwegs Moralisationen, die auf allegorischer Deutung beruhen; frühe Übersetzungen in die Volkssprachen.
Francesco Petrarca »De Remediis utriusque fortunae« ca. 1366/67. Eine deutsche Übersetzung mit Bildern war 1521/22 geplant, ist aber erst 1532 erschienen.
Johannes de Sancto Geminiano
Erasmus
Caelius Rhodiginius Eine Realenzyclopädie des gesamten Gedankenkreises des klassischen Altertums; auf Exzerpten beruhend. Ein Umschlagplatz des antiken Wissens für viele Autoren des 16. Jhs.
Ravisius Textor Jean Tixier de Ravisi (1480–1524) »Officina«, von 1520 bis 1665 in mindestens 15 Ausgaben erschienen
Polydorus Vergilius Polydorus Vergilius († 1555) hatte die Idee zu einer solchen Sammlung etwa gleichzeitig wie Erasmus; die beiden hatten Streit um die Originalität der Erfindung. Polydors »Proverbium Libellus« soll schon 1498 erscheinen sein. Noch 1550 erfährt die Sammlung eine 4. Auflage.
Nano Mirabelli Auch Domenico Nani Mirabelli u.a. Schreibweisen (* ca. 1455 – † nach 1528)
Petrarca deutsch 1521> siehe oben Eppendorff
Sebastian Franck
Lycosthenes
Zwinger
Hondorff Andreas Hondorff (Lutheraner, um 1530 – 1572), »Promptuarium Exemplorum« 1568; weitere Drucke 1570 bis 1598 fast jährlich; zuletzt 1687. Exempla, geordnet nach dem Dekalog.
d'Averoult Antoine d'Averoult (S.J. 1554–1614)
Joseph Lange
Jan Gruter Jan Gruter (1560–1627)
Zincgref Julius Wilhelm Zincgref (1591–1635)
Beyerlinck Der Jesuit Laurentius Beyerlinck (1578–1627) hat die Sammlung von Th. Zwinger in eine alphabetische Ordnung gebracht. Weitere Auflagen 1656, 1666, 1678, 1707.
Lehmann Christoph Lehmann (1568–1638). Die letzte Auflage von 1662 enthält 22’922 Sprichwörter.
Becher
Robertus Cameracensis
Lohner Tobias Lohner, S.J. (1619–1697); bis 1872 wieder aufgelegte Predigthilfe; in gekürzter Form auch ins Deutsche übersetzt.
Spanner Andreas Spanner S.J. (1639–1694)
Heidegger
Ritzius
du Bois
|
||
Forschungsliteratur zu Sammlungen prudentialen Wissens* Ann M. Blair, Too Much to Know. Managing Scholarly Information before the Modern Age, New Haven: Yale University Press 2010. * Manfred Eikelmann, Sprichwörtersammlungen, in: Verfasserlexikon (2.Aufl.), Band 9 (1993–95), Spalten 162–179. * Barry Taylor, Medieval Proverb Collections: The West European Tradition. Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 55, (London 1992), pp. 19–35. * Gilbert Heß, Konstanz und Beweglichkeit in frühneuzeitlichen Florilegien und Enzyklopädien. In: Wulff Oesterreicher / Gerhard Regn / Winfried Schulze (Hgg.): Autorität der Form – Autorisierung – Institutionelle Autorität (P&A, Bd. 1). Münster 2003, S. 75–84. * Gilbert Heß, Enzyklopädien und Florilegien im 16. und 17. Jahrhundert. ‘Doctrina’, ‘Eruditio’ und ‘Sapientia’ in verschiedenen Thesaurierungsformen, in: Theo Stammen / Wolfgang Weber (Hgg.), Wissenssicherung, Wissensordnung und Wissensverarbeitung. Das europäische Modell der Enzyklopädien (Colloquia Augustana. Beiträge des Instituts für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg Band 18), Berlin: Akademie Verlag 2004, S. 47-68. • Werner Ziltener, Rerpertorium der Gleichnisse und bildhaften Vergleiche der okzitanischen und der französischen Versliteratur des Mittelalters, Bern: Francke 1972–1989. [Systematisch organisiert; ein analoges Werk für die deutsche Literatur fehlt]. * Thesaurus proverbiorum medii aevi. Lexikon des Sprichwörter des romanisch germanischen Mittelalter. Begründet von Samuel Singer, herausgegeben von Kuratorium Singer der schweizerischen Akademie der Geiter- und Sozialwissenschaften, 8 vol., Berlin, De Gruyter, 1995-1998. * Stephan Frech, Sprichwörtliches in der Reformationschronik von Johannes Salat (1498–1561), in: PROVERBIUM 40 (2023), S. 68–88 > http://doi.org/ 10.29162/pv.40.1.353 * Erzählsammlungen mit Anekdoten https://wiki.brevitas.org/wiki/Kategorie:Quelle_Erz%C3%A4hlsammlung_mit_Anekdoten |
||