Polydor Vergil |
An Ursprungsmythen anknüpfende DarstellungPlinius kommt im VII. Buch seiner Naturkunde (VII, lvii, 191–209), nachdem er die Natur des Menschen besprochen hat, auf die Idee, darzulegen "was einzelne erfunden haben" (quae cuiusque inventa sunt); es folgt ein Sammelsurium von Techniken und Praktiken, die auf ihre Urheber zurückgeführt werden. Hugo von Sankt Viktor spricht, nachdem er seine Einteilung der Wissenschaften vorgestellt hat, von den Urhebern der Künste (de auctoribus artium, Didascalicon III,2). Thales hat die Naturwissenschaft erfunden, Pythagoras die Arithmetik; gemäß Moses war Tubal der Erfinder der Musik (Jubal, Gen 4,21), gemäß den Griechen Merkur; bei den Ägyptern erfand Isis die Art Flachs anzubauen; Nisus, der König der Assyrer, war der erste, welcher Krieg führte; usw. Polydorus Vergilius hat diese Überlegung (er zitiert Plinius im Vorwort) zum Prinzip des Artikelaufbaus seiner Enzyklopädie gemacht. Auswahl:
Immer obwaltet dasselbe Geschichtsbild: Es gibt einen historisch fassbaren Ursprungspunkt und eine allmähliche Verderbnis bis ins Spätmittelalter, wo sich Polydor dann eine grundlegende Reform erhofft. (Vom 4. Buch an, seit 1521, steht das Werk unter dem Interesse der Kirchenkritik – was er sich in England unter Heinrich VIII. leisten konnte, und weshalb es auf den Index kam – und einer Sehnsucht nach der Rekonstruktion der Urkirche.) Literaturhinweis: Klaus Thraede, Das Lob des Erfinders. Bemerkungen zur Analyse der Heuremata-Kataloge, in: Rheinisches Museum für Philologie, Neue Folge, 105.Bd., 2.Heft (1962), S. 158–186. |
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