Brockhaus

     
 

Zur Druckgeschichte der frühen Auflagen des »Brockhaus«

Die beste Darstellung ist: Anja Zum Hingst, Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversationslexikon zur Enzyklopädie. Wiesbaden: Harassowitz 1995 (Buchwissenschaftliche Beiträge aus dem Deutschen Bucharchiv München 53). Vgl. auch die Homepage des Antiquariats Günter Könke zur Geschichte des Brockhaus [www]

Friedrich Arnold Brockhaus (172–1823) eröffnete 1805 in Amsterdam einen Verlag – weil ihm als Ausländer die Aufnahme in die Amsterdamer Büchergilde verwehrt war – unter dem Namen »Rohloff und Compagnie«, den er 1807 in »Kunst- und Industrie-Comptoir« umbenannte. 1808 erwirbt Brockhaus auf der Leipziger Büchermesse für 1’800 Taler das unvollendete Löbelsche Conversationlexikon. 1810 verlässt Brockhaus Holland infolge der napoleonischen Besetzung und siedelt sich in Altenburg (Thüringen) an. Hier verlegt B. auch Journale und literarische Werke. Seit 1814 nennt sich der Verlag »Brockhaus«. Bis dann erscheint auf den Titeln als Druckort auch noch Amsterdam. 1817 übersiedelt er nach Leipzig, das dann als alleiniger Ort angegeben wird.

Die Druckgeschichte ist verworren, weil Brockhaus während des Erscheinens des Gesamtwerkes, als noch nicht alle Bände erschienen waren, bereits verbesserte Neuauflagen der bereits erschienenen Bände herausgab; ferner wurden für die Käufer der veralteten Auflagen Supplemente gedruckt. Dazu kommt, dass der Titel des Lexikons stets im Fluss ist.

Schon die Übernahme des von Renatus Gotthelf Löbel 1796 begonnenen Conversationslexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten (1806 unvollständig beim 6. Band stehen geblieben) durch Brockhaus (1808) ist ein halber Roman. Das Werk erschien nacheinander in drei Verlagen, hatte mehrere Herausgeber, Redaktoren. Brockhaus druckt das Werk unter einem neuen Titel 1809–1811 nach. Der Koautor Löbels, Christian Wilhelm Franke, liefert die nötigen zwei Nachtragsbände (so fehlte im ersten Band ein Artikel zu Bonaparte!).

Brockhaus entschließt sich mutig zu einer Neubearbeitung. Er stellt Fachgelehrte als Mitarbeiter ein. 1812 ff. erscheint die Neuausgabe, deren letzter = 10. Band 1819 erscheint. (›2. Auflage‹)

Vor Beendigung des vierten Bandes ist die ganze Auflage (3’000 Expl.) vergriffen; aber anstelle eines Reprints lässt B. diese 4 Bände umarbeiten; sie erscheinen 1814/15 als »dritte Auflage des ersten bis vierten Bandes«.

Noch komplizerter wird die Sache wegen des Macklotschen Raubdrucks 1817 (Seemann / Peche Nr. 405), was Brockhaus bewog, die damals fertiggestellten sieben Bände umzuarbeiten und unter verändertem Titel als »vierte Auflage« herauszugeben: Allgemeine Hand-Encyklopädie für die gebildeten Stände, 10 Bände 1817–1819.

Von der 5. Auflage (Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände, 1819–1820, 10 Bände) an wird das Programm stabiler. B. systematisiert die Herstellung des Lexikons, engagiert fachliche Spezialrevisoren, wählt etwa 100 Mitarbeiter aus, vereinheitlicht, legt Querverweise an. Brockhaus bleibt bis zu seinem Tod 1823 Chefredaktor; offenbar bestimmte er die Auswahl der Lemmata, die liberale Gesinnung und den einheitlichen essayistischen Stil.

Aber auch jetzt druckt Brockhaus ›durchgesehene‹ Abdrucke der bereits vergriffenen Bände ab und publiziert ein Supplement für die Besitzer der älteren Auflagen, das bereits Teile der noch ungedruckten Bände der 5. Auflage vorwegnimmt! Und er bietet den Käufern der veralteten Auflagen an, die betreffenden Bände umzutauschen gegen die neue Auflage.

Wegen dieser Überschneidungen muss man beim Bibliographieren eines konkreten ›Exemplars‹, besser: Sets jeweils bei jedem Band angeben, um welche Auflage es sich handelt.

Hier als Beispiel für die schwierige Kommunikation mit den Pränumeranten die Vorrede aus: Conversations=Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Fünfter Band I bis L, Zweite, ganz umgearbeitete Auflage, Leipzig und Altenburg, F. A. Brockhaus 1815:

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